Jedes Jahr versammelt sich die Go-Elite Europas um einen zweiwöchigen Kongress abzuhalten und dabei unter anderem den Europameister im Go zu küren. Dieses Jahr war der Ausrichter der Deutsche Go Bund und die Veranstaltung fand daher vom 21.7. bis 4.8. im wunderschönen Stadtteil Bad Godesberg in Bonn statt. Grund genug für Jan und mich sich das mal (fast) eine Woche lang anzuschauen.
Nun, streng genommen gehören wir vielleicht nicht ganz zur Elite. Das war allerdings nur halb so schlimm, denn das Teilnehmerfeld war in der Stärke relativ breit gefächert. Auch wenn im Vergleich zu „normalen“ Go-Turnieren neben der Gesamtzahl der Teilnehmer natürlich die Beteiligung von Hochdans überdurchschnittlich ausfiel. Viele – und zu meinem Erstaunen nicht mal ausschließlich besonders starke Spieler – reisten sogar aus Japan, China oder Korea zum Kongress an.
Meine Anreise dagegen gestaltete sich eher übersichtlich: Nachdem ich den Schwarzwald durchquert hatte nahm ich in Offenburg in der ICE Lounge direkt hinter dem Triebfahrzeugführer Platz um den schönen Worten des Bordcomputers zu lauschen. („Störung, Störung, Störung!“) Ab Karlsruhe wurde es dann leider etwas leiser, da die dortige BZ uns befahl ohne WB weiter nach Mannheim zu fahren. Auf diesem Wege schien die WB dann wohl auf mysteriöse Art und Weise repariert worden zu sein, denn eine der multiplen Persönlichkeiten des ICEs verkündete in schönstem bayrischen Dialekt: „WB freigegeben!“
Aber zurück zum Kongress, wo ich dann letztendlich auch pünktlich ankam: Am Samstag Abend begann dieser mit einer Eröffnungsfeier, die von einer örtlichen Taiko-Gruppe (traditionelle japanische Trommeln) musikalisch eingeleitet wurde. Nach einigen eher mittelmäßig zu verstehenden Grußworten wurden dann mit großem Applaus die über 20 Profi-Spieler aus Asien begrüßt, die über die ganzen zwei Wochen hinweg für Kommentare, Simultanspiele und Lektionen zur Verfügung standen. Das war Rekord! Und auch der Präsident des internationalen Go-Verbandes besuchte zum ersten Mal einen europäischen Go-Kongress.
Der Spielort selbst, die Stadthalle Bad Godesberg, war wunderschön in einem Park gelegen und überzeugte auch mit seinen inneren Werten. Neben zwei kleineren Räumen, in der die Spitzengruppe untergebracht war, fanden sich die meisten Spieler in einem großen Saal mit über 300 Brettern wieder, was beim ersten Blick auch schon ziemlich überwältigend war.
Nachdem wir die erste Nacht in unserem leider nicht so wirklich ruhig gelegenen und eher mäßig klimatisierten Hotel, das aber sonst ganz ok war, verbracht haben, begann Sonntag Morgen die erste Runde des Hauptturniers. Die Bedenkzeit betrug in unserem eher überschaubarem Stärkebereich 1 Stunde 30 Minuten pro Spieler + 1x 30 Sekunden Byo-Yomi. Dank meiner zweifelhaft positiven Fähigkeit die Bedenkzeit stets auszuschöpfen hatte ich wenig Probleme mich daran zu gewöhnen und kam dennoch auch insgesamt nur einmal ins Byo-Yomi 😉
Nicht selbstverständlich für Go-Turniere war auch das gute Spielmaterial inklusive Dosen, die mit einer Mechanik zum automatischen Anordnen der Steine und damit auch Überprüfung der Vollständigkeit ausgerüstet waren und elektronischer Uhren für fast alle Bretter, die von der hervorragenden Organisation schon vor Beginn der Runden jeweils perfekt eingestellt wurden.
Nach dem erfolgreichen Beenden der ersten Runde fand an diesem Tag noch ein sehr amüsantes Simultan-Event mit den Profis statt: Im Park wurden in einem großen Rechteck Tische und zugehörige Go-Bretter aufgestellt, an denen außen jeweils ein Teilnehmer saß. In der Mitte liefen dann die Profis hintereinander an den Brettern vorbei und machten jeweils einen Zug! Sicher nicht der ernsteste Teil der Veranstaltung, aber ein großer Spaß und doch recht beeindruckend wie gut das bei den Pros geklappt hat. Besonders lustig war dabei Hayashi Kozo 6p, der immer wieder plötzlich aus der Reihe hin und hergerannt ist, lustige Geräusche von sich gab und offensichtlich viel Spaß hatte 😉 Ich habe mein Spiel (mit 5 Vorgabe) zwar verloren, aber am Ende stand es etwa gleichauf zwischen Profis und Amateuren.
Die nächsten Tage besuchten wir auch die täglich angebotenen Lektionen der Profis, die in Double Kyu, Single Kyu und Dan (entsprechend der Spielstärken) eingeteilt waren. Viele der Lehrer hatten dabei noch keine extrem umfangreichen Englischkenntnisse, was für sie offenbar stets eine große Sorge war. Aber im Endeffekt ist es eben auch das schöne am Go, dass es nicht viele Worte braucht, wenn es doch ein Brett und Steine gibt. Und so war die Verständigung nicht wirklich ein Problem. Es war aber auch ganz spannend zu versuchen die Japaner auch ohne Übersetzung zu verstehen, was auch gar nicht mal so schlecht geklappt hat!
Ein bisschen schwer schien einigen aber die Einschätzung der Stärke eines „Double Kyu“ oder „Single Kyu“ zu fallen, was angesichts des enormen Bereichs den man mit diesen Begriffen zusammenfassen kann aber auch verständlich ist. Shiung Feng 6p begann seine erste Double Kyu Lecture etwa mit den Go-Regeln während Catalin Taranu 5p irgendwelche komplexen Joseki erklärte. Hayashi Kozo dagegen begann seine Lektion erstmal mit einem 15 minütigen Vortrag eines Liedes unter Zuhilfenahme seines Shamisen-artigen Instruments!
Mit dem eben erwähnten Shiung Feng 6p spielten wir dann am Montag auch nochmal eine „normale“ Simultanpartie, was trotz meiner erneuten Niederlage eine Menge Spaß gemacht hat und außerdem sehr lehrreich war. Außerdem hat er meine „gute Form“ gelobt!
Der Ablauf war dann im Prinzip jeden Tag einigermaßen gleich, der Tag begann immer um 10 Uhr mit der Runde des Hauptturniers, gefolgt von Lektionen und dann nachmittags bis Abends verschiedensten Nebenturnieren oder Sonderveranstaltungen, wie Live-Kommentare. Und wenn man mal zwischendurch die Gegend erkunden wollte hatte man auch in verschiedenen gastronomischen Betrieben die Möglichkeit eine Partie Go zu spielen und z.B. einen 4d im Pair Go zu besiegen! (Okok, ich hatte auch nen 4d auf meiner Seite :))
Eine Ausnahme bildete lediglich der Mittwoch, der komplett für ein Team-Turnier reserviert war, an dem wir mangels Freunde leider nicht teilnehmen konnten!
Na ja, so ähnlich jedenfalls. Wir verbrachten den Tag dann indem wir mit Kirsten und einigen spontan versammelten Verrückten eine Partie Civilization spielten. Das war eigentlich auch ziemlich cool, hatte nur den geringfügigen Nachteil, dass es 11 Stunden dauerte. Wie ich finde schon ein kleiner Design Flaw, 5 Stunden würdens irgendwie auch tun!
Am Donnerstag gab es dann nocheinmal Go. Ich gewann gegen eine 3k Japanerin und bewies meine unglaublichen Japanischfähigkeiten beim Auszählen des Spiels! Damit besiegelte ich dann mein 3-1 Ergebnis und leitete auch schon den Abschied von diesem eigentlich ohne Abstriche tollen Event ein. Vielleicht hätte man noch an dem ein oder anderen Nebenturnier mehr teilnehmen können, aber naja – nächstes Mal!
Die Reise war damit allerdings nicht zuende, denn am Wochenende wartete in Bonn schon das nächste Ereignis. Dazu allerdings dann im nächsten Post 😉
Schoen war’s! Auf geht’s EGC 2013 in Olsztyn!